26 Nov Spezial: Chubb
Spezial: Chubb
Fondsberater Marcus Reck stellt einen seiner Favoriten im Versicherungsbereich vor.
Den Versicherer Chubb kenne ich bereits seit mehreren Jahrzehnten, da ich in den 1990er Jahren während meines Studiums in den USA ein knapp einjähriges Praktikum bei Chubb absolvieren durfte. Seit Langem bin ich zudem in Chubb investiert und begleite das Unternehmen als Aktionär. Das ist für mich der Idealfall. Wer Qualität sucht, muss selektiv sein, denn die Kombination aus „gut“ (Qualität) und „billig“ (Value) ist leider nur sehr selten vorzufinden. Versicherer, die sowohl in ihrem Kerngeschäft als auch mit ihren Investments Geld verdienen, sind selten, haben aber ein höheres Buchwertwachstum als andere und schneiden deshalb langfristig besser an der Börse ab. Einer von ihnen ist Chubb, die ich nachfolgend kurz vorstellen möchte.
2016 wurde die ehemalige Chubb Corp. von ACE für 28 Mrd. US-Dollar übernommen. Nach dem Merger blieb für den Konzernverbund nur der Name Chubb (Ltd.) übrig. Der heutige Versicherungsriese ist ein Zusammenschluss eines der größten Schaden- und Unfallversicherer (ACE) und einem führenden Sachversicherer, fokussiert auf wohlhabende Privat- und Firmenkunden (Chubb). Die beiden Ursprungsunternehmen ACE und Chubb ergänzen sich ausgezeichnet und entsprechend wurde die Fusion umgehend von den Anlegern goutiert. Während sich die ehemalige ACE auf die Betreuung großer Unternehmenskunden konzentriert, bedient Chubb Mittelständler und vermögende Privatleute.
Konzernkunden von ACE haben in ihrem operativen Geschäft häufig Risiken, die sich nicht regional von einem nur lokal tätigen Versicherer abbilden lassen. Um komplexe, länderübergreifende Risiken effizient übernehmen zu können, hat ACE seit seiner Gründung im Jahr 1985 Niederlassungen in mehr als 50 Ländern aufgebaut und sich eine starke Position im Segment der Großkunden erkämpft. Nur wenige Versicherer haben eine ähnlich globale Präsenz wie ACE und das Unternehmen profitiert von langjährigen, starken Beziehungen zu vielen der Fortune 1000-Unternehmen (die 1.000 größten amerikanischen Firmen). Im Jahrzehnt vor der Fusion zeigte sich die Effizienz und der Skalenvorteil von ACE in einer hervorragenden Schaden-Kosten-Quote von etwa 91%.
Die ehemalige Chubb Corp. war vor der Fusion Marktführer in der Sachversicherung für vermögende Privatkunden und mittelständische Geschäftskunden. Dazu gehört unter anderem das Haftpflicht- und Bürgschaftsgeschäft für Führungskräfte und der Schutz wertvoller Besitztümer vermögender Privatleute. Aufgrund des hohen Wertes der Vermögenswerte von Sammlern und ihrer manchmal einzigartigen Natur (wie Yachten oder Kunst) verlangen Versicherer zur Überwachung ihrer Policen regelmäßig Neubewertungen des Zeitwerts der Objekte. In der Praxis ermöglicht dies Chubb sehr langlaufende Versicherungspolicen und senkt die Abschlusskosten, da die Versicherungsnehmer großen Wert auf Diskretion legen und keine andauernden Besuche von wechselnden Versicherungsvertretern wünschen. Darüber hinaus sind die versicherten Einzelrisiken so groß, dass ein Versicherer eine beträchtliche Größe mitbringen muss, um diese Risiken überhaupt mit Gewinn versichern zu können. Dies führt zu einer Konzentration der Anbieter, die in diesem Bereich erfolgreich sein können. Abschließend profitiert die ehemalige Chubb wie die ehemalige ACE von ihrer globalen Präsenz, da vermögende Privatpersonen oft über diverse kostbare Besitztümer verfügen, die über mehrere Länder verteilt sind. Der Wettbewerbsvorteil von Chubb äußert sich in einer sehr guten Schaden-/Kostenquote von rund 89% in den 10 Jahren vor der Fusion.
Die überdurchschnittlich gute Schaden-/Kostenquote beider Unternehmensteile von deutlich unter 100% ist für mich als Aktionär bemerkenswert, da die meisten Versicherer in ihrem Kerngeschäft Verluste ausweisen, d.h. die Prämieneinahmen in der Regel nicht ausreichen, um die laufenden Kosten und Schäden zu decken. Die Branchenkennzahl Combined Ratio setzt die Gesamtkosten ins Verhältnis zu den (Prämien)einnahmen und liegt bei den meisten Versicherern über 100%. Dass es diesen Versicherern teilweise trotzdem gelingt, unterm Strich einen Gewinn zu erzielen, liegt daran, dass sie die Prämien ihrer Versicherungskunden anlegen können (Schäden fallen ja nicht permanent an, sondern oft erst nach vielen Jahren). Mit den erzielten Gewinnen aus dem Anlagegeschäft können sie die Verluste im Versicherungsgeschäft teilweise (mehr als) wettmachen. Überdurchschnittlich gute Resultate weisen jedoch nur die Versicherer auf, denen es gelingt, in ihrem Kerngeschäft regelmäßig operative Gewinne zu erzielen. Dies ist bei Chubb auf eindrucksvolle Art und Weise der Fall.
Chubb gelingt durch die günstige Combined Ratio ein höheres Buchwertwachstum als dem Branchendurchschnitt. Der Buchwert ist eine entscheidende Kennzahl bei der Bewertung eines jeden Versicherers, da das Eigenkapital sowohl den Wert des Kerngeschäfts als auch den Wert der Investments widerspiegelt. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Buchwertentwicklung (pro Aktie) eines Versicherers langfristig fast zu 100% mit der Aktienkursentwicklung korreliert. Das bedeutet, dass die Wertsteigerung umso dynamischer ausfällt, je höher das Buchwertwachstum sein kann. Die (wenigen) Versicherer, die eine Combined Ratio von unter 100% erzielen, belasten ihr Eigenkapital nicht durch operative Verluste und können folglich ein höheres Buchwertwachstum, und somit eine überdurchschnittlich gute Kursentwicklung, generieren.
Warum ist es eigentlich so schwierig im Versicherungskerngeschäft einen operativen Gewinn, sprich eine Combined Ratio von unter 100%, erzielen? Weil es ein enormes Maß an Disziplin erfordert! Wenn die Prämien niedrig sind (was immer wieder vorkommt, da Prämien oft erst nach Großschäden steigen, nämlich dann, wenn die Kunden wieder daran erinnert werden, weshalb eine Absicherung für sie wichtig ist) und die Profitabilität von Neugeschäft gering ist, dann verzichten die guten (profitablen) Versicherer auf (verlustbringendes) Neugeschäft und nehmen lieber Prämieneinbußen sowie kurzfristige Marktanteilsverluste in Kauf. Das unterscheidet sie von Wettbewerbern, deren CEOs nicht an Profitabilität, sondern an Wachstum gemessen werden. Frei nach dem Motto: „Je höher das Wachstum, desto höher der kurzfristige Bonus!“ Hinzu kommt, dass man im Versicherungsgeschäft oft nicht gleich bemerkt, wer gut (sprich profitabel) und wer weniger gut wirtschaftet, weil Schäden oft erst nach vielen Jahr(zehnt)en in Erscheinung treten (Asbest ist ein gutes Beispiel dafür). Diejenigen Manager, die defizitäres Neugeschäft verantwortet haben, sind im Schadensfall dann schon längst nicht mehr da, um zur Rechenschaft gezogen werden zu können.
Der langfristige Erfolg von Chubb und die strenge Disziplin im Neugeschäft lässt sich an den folgenden Eigenschaften gut festmachen:
1. Gute Versicherungsmathematiker: Chubb erwirtschaftet seit Jahrzehnten konstant gute Versicherungserträge
2. Gute Risikokontrolleure: Chubb erkennt potenzielle Gefahrenquellen besser (z. B. indem es bei Einfamilienhäusern auf Sprinkleranlagen, Sensoren um das Schwimmbecken, ein Alarm-Backup, etc. Wert legt)
3. Gute Kapitalallokateure: Chubb hat die Finanzkrise unbeschadet überstanden und durch Aktienrückkäufe (13,5 Mrd. US-Dollar in den vergangenen 10 Jahren) eine signifikante Wertsteigerung erzielt
4. Guter Kundenservice: Chubb hat sich sowohl am 11. September als auch bei Hurrikan Sandy positiv von der Konkurrenz abgehoben, indem es schnell Hilfe geleistet hat
5. Gute Ausbildung: Die Tatsache, dass Chubb-Manager beliebte Abwerbeziele für die Konkurrenz sind, spricht für die hohe Qualifikation der Mitarbeiter
Fazit: Bei Covesto Asset Management rechnen wir in den kommenden Jahren mit einem Prämienwachstum von durchschnittlich 3,5% und einer mittleren Combined Ratio von 93%. Dies entspricht dem Durchschnitt der vergangenen 5 Jahre, lässt aber Spielraum für positive Überraschungen. Im Jahr 2020 hat COVID-19 zu Gewinneinbußen in der Versicherungsindustrie geführt, woraufhin die Prämien derzeit wieder ansteigen, Neugeschäft attraktiver wird und sich das Wachstum von Chubb zusätzlich beschleunigen könnte. Daraus lässt sich konservativ im Ergebnis ein Buchwertwachstum von 8-10% ableiten. Das aktuelle Kurs-/Buchwertverhältnis von 1,3 entspricht dem Bewertungsniveau der vergangenen 5 Jahre (seit der Übernahme) und wir erwarten eine zukünftige Aktienrendite von knapp 10%. Vor dem Hintergrund niedriger Zinsen und in Kombination mit den hervorragenden Qualitätseigenschaften des Unternehmens, erscheint uns eine jährlich knapp zweistellige Rendite für einen konservativ agierenden Versicherer – und damit ein Investment in Chubb – als lukrativ.
Kontakt Covesto Asset Management: Marcus Reck, Telefon: +49 (0)40/ 30 92 55 81, Mail: contact@covesto-am.com
Covesto Asset Management ist ein bankenunabhängiger Fondsadvisor mit Sitz in der Hansestadt Hamburg. Das Team um Gründer Wais Samadzada hat seine Wurzeln in der Fundamentalanalyse von Aktien. Pro Jahr werden mehr als 100 Unternehmen besucht und mittels eines eigenen Analyseverfahres gescreent. Sämtliche Teammitglieder haben einen Großteil ihrer Ersparnisse in den eigenen Fonds investiert. Hierdurch soll der Philosophie des Co-Investierens Rechnung getragen werden.